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Jüdisches Leben
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Beitrag vom 27.10.2005
Besinnliche Zeiten im Jüdischen Museum
Sarah Ross
Im November und Dezember 2005 dreht sich alles um Weihnachten und Chanukka. Informieren Sie sich hier über neue Sonderausstellungen, Lesungen, Konzerte und das reichhaltige Kulturprogramm.
Zum Jahresende 2005 bietet das Jüdische Museum Berlin seinen BesucherInnen zwei neue Ausstellungen und ein überzeugendes Veranstaltungsprogramm: Während die Ausstellung "Weihnukka. Geschichten von Weihnachten und Chanukka" Kurioses und Überraschendes über die Ursprünge und Entwicklungen der beiden Feste erzählt, findet im Innenhof des Museum der einzigartige, festlich erleuchtete Weihnukka-Markt. Es gibt nicht nur "frittierte Texte an festlicher Musik" zu hören, sondern auch allerlei Leckereien zu genießen.
Die Ausstellung "Roman Vishniacs Berlin" präsentiert bislang unveröffentlichte Aufnahmen des berühmten Fotografen aus den 20er und 30er Jahren. Anlässlich des 60. Jahrestags der Nürnberger Prozesse schildert der ehemalige Sonderberichterstatter Ernest W. Michel, selbst KZ-Überlebender, seine Eindrücke von dem historischen Gerichtsverfahren. Henryk M. Broder wendet sich in seiner Buchvorstellung gewohnt scharfsinnig den neuesten Formen des Antisemitismus zu.
Sonderausstellungen:
Weihnukka - Geschichten von Weihnachten und Chanukka
Auf der ganzen Welt feiert man im Dezember Weihnachten und Chanukka - mit Lebkuchen oder Latkes, zwischen Tradition, Kommerz und Familienfest, mit religiösem Bekenntnis oder politischer Botschaft. In sechs Kapiteln erkundet die Ausstellung die historischen Wurzeln der beiden Feste und ihre Entwicklung durch die Jahrhunderte: Warum entzündet man Lichter zu Chanukka? Was hat es mit dem Ölwunder auf sich? Was hat ein römischer Sonnengott mit Weihnachten zu tun? Wann wurde aus dem öffentlichen Gelage nach der Christmette eine besinnliche Familienfeier? Und was verbirgt sich hinter der ironischen Bezeichnung "Weihnukka"?
Wann: 28. Oktober 2005 bis 29. Januar 2006
Wo: Altbau, 1.OG
Eintritt: 4,- Euro, erm. 2,- Euro
Begleitprogramm zur Ausstellung:
Weihnukka-Markt
Über 50 Weihnachtsmärkte gibt es allein in Berlin. Aber noch keinen Markt, der Chanukka und Weihnachten verbindet. Und so öffnet am 27. November der erste Weihnukka-Markt seine Pforten und Hütten. Im festlich erleuchteten barocken Innenhof des Museums können die BesucherInnen bei Latkes und Glühwein entspannen oder die bunten Sufganiots im kosher-style probieren. Hochwertige Weihnachts- und Chanukkaprodukte, direkt aus Israel, den USA und Deutschland und vieles mehr gibt es an den Ständen zu kaufen.
Wann: 27. November 2005 bis 2. Januar 2006, täglich von 14-20 Uhr (Schließtag 24.Dezember)
Wo: Innenhof des Museums
Eintritt frei
Feierliche Eröffnung des Weihnukka-Marktes mit Budenzauber, musikalischen Überraschungen, Lesungen, Führungen und der Premiere des Puppenspiels "Judith und das Wunder der Lichter".
Wann: Sonntag, 27. November ab 14 Uhr
Wo: Innenhof des Museums
Eintritt frei
Der Weihnukka-Fön
Frittierte Texte an festlicher Musik
"Fön" sind die Schriftsteller Michael Ebmeyer, Tilman Rammstedt und Florian Werner und der Songschreiber Bruno Franceschini. Zusammen servieren sie. Lyrik, kurze Prosa, Dialoge. Kompakt und komisch. Manchmal wird gesungen, meist gesprochen. Bei Fön finden Literatur und Musik stets so wundersam zueinander wie dies Jahr Weihnachten und Chanukka. Da ist es nur konsequent, dass Fön nun ein spezielles Weihnukka-Programm vorlegt und dabei beschwingte Lametta-und-Latkes-Versionen seiner feierlichsten Stücke produziert.
Wann: Sonntag, 4. Dezember und Sonntag, 18. Dezember um 17 Uhr
Wo: Innenhof, Weihnukka-Markt
Eintritt frei
Solls der Chanukkabaum heißen
Lesung mit Hanno Loewy
"Meinetwegen solls der Chanukkabaum heißen", notierte Theodor Herzl am 24. Dezember 1895 - und entzündete für seine Kinder die Kerzen am Weihnachtsbaum: aus Chanukka wurde "Weihnukka", aus dem Makkabäer-Mythos eine Feier der Assimilation, der erhofften "deutsch-jüdischen Symbiose". Die Geschichte einer bürgerlichen Bekehrung. In "Solls der Chanukkabaum heißen. Chanukka, Weihnachten, Weihnukka" (erschienen im Berliner Verlag "Das Arsenal") lässt Hanno Loewy 38 jüdische AutorInnen erzählen, vom 19. Jahrhundert bis heute: von Festen zu Hause und vom Fest der "andern", von Engeln, Lichterglanz, Weihnachtsmärkten, Geschenken, Erwartungen, vom Dazugehören-Wollen und Fremdsein.
Wann: Donnerstag, 8. Dezember um 20 Uhr
Wo: Altbau 1. OG, Bildungsraum
Eintritt: 7,- Euro, erm. 5,- Euro
Nicht nur zur Weihnachtszeit
Maxim Biller liest Heinrich Böll
Weihnachten ist das Fest der Freude, der Familie und der Besinnlichkeit. So auch für Tante Milla. Sie liebt den Weihnachtsabend. Das alljährliche Schmücken des Weihnachtsbaumes mit gläsernen Zwergen und einem sprechenden Engel ist Teil eines ebenso liebenswerten wie anstrengenden Rituals für die ganze Familie. Bis eines Tages irgend etwas nicht stimmt und sich die Frage stellt, ob jemals irgend etwas gestimmt hat¦ Maxim Biller, Autor der "Moralischen Geschichten", liest in der satirischen Tradition von Heinrich Böll eine Weihnachtsgeschichte, in der Entsetzliches und Wunderbares dicht beieinander liegen.
Wann: Donnerstag, 15. Dezember um 20 Uhr
Wo: Altbau 1. OG, Bildungsraum
Eintritt: 7,- Euro, erm. 5,- Euro
Es fällt ein Stern herunter
Gedichte, Lieder und Geschichten mit Katja Ebstein
Katja Ebsteins vorweihnachtliches Programm bietet Heiteres, aber auch Besinnliches und Satirisches von Heinrich Heine, Loriot und Erich Kästner. Fern vom üblichen Weihnachtstrubel entstehen gemeinsam mit dem Pianisten Martin Gärtner Augenblicke der stillen Besinnlichkeit. Es entfalten sich ebenso träumerische wie kritische Bilder vom Fest der Feste.
Wann: Dienstag, 20. Dezember um 20 Uhr
Wo: Altbau 2. OG, Konzertsaal
Eintritt: 10,- Euro, erm. 7,- Euro
Roman Vishniacs Berlin
Roman Vishniac (1897-1990) erlangte durch seine Fotografien vom Leben der jüdischen Gemeinden Osteuropas am Vorabend des Zweiten Weltkrieges Berühmtheit. Bisher noch völlig unbekannt dagegen sind seine Berlin-Fotografien, die in den 1920er und 30er Jahren entstanden sind, als Vishniac in der deutschen Hauptstadt lebte. Diese Bilder von Familie und Freunden, von alltäglichen Straßenszenen und Berliner Typen, von umliegenden Orten sowie vom jüdischen Leben während der NS-Zeit wurden erst nach Vishniacs Tod entdeckt und sind erstmals in der Ausstellung zu sehen. Die Ausstellung wird am 3. November um 19 Uhr eröffnet.
Wann: 4. November 05 bis 5. Februar 06
Wo: Libeskind Bau, Libeskind Galerie im Erdgeschoss
Eintritt mit dem Museums-Ticket (5,- Euro, erm. 2,50 Euro)
"auf der verfluchten deutschen Erde"
Jüdische Überlebende nach der Befreiung
Die Kabinettausstellung widmet sich der Zeit nach der Befreiung Deutschlands. Im Chaos der unmittelbaren Nachkriegsjahre zählte man eine Viertelmillion Juden auf dem Gebiet des besiegten Deutschen Reiches. Bis zu ihrer Auswanderung bildeten sich teilweise parallele jüdische Gemeinden: die deutschen Juden in den wieder belebten Strukturen der Vorkriegszeit, die Osteuropäer als "displaced persons" in speziellen Lagern oder als "Illegale", hauptsächlich in der US-amerikanischen Zone.
Wann: 6. Juli 2005 bis 8. Januar 2006
Wo: Libeskind-Bau, Rafael Roth Learning Center
Eintritt mit dem Museums-Ticket (5,- Euro, erm. 2,50 Euro)
Dichterliebe
Liederabend mit Vertonungen von Gedichten Heinrich Heines
Heinrich Heine war zugleich romantischer Dichter und Ãœberwinder der
Romantik. Er machte die Alltagssprache lyrikfähig, erhob das Feuilleton und den Reisebericht zur Kunstform und verlieh der deutschen Sprache eine selten gekannte stilistische Leichtigkeit und Eleganz. Als kritischer, politisch engagierter Journalist, Essayist, Satiriker und Polemiker war er ebenso bewundert wie gefürchtet. Im Oktober 1827 brachte der Hamburger Verlag Hoffmann & Campe den Lyrikband "Buch der Lieder" heraus, der Heines Ruhm begründete und bis heute populär ist. Der romantische, oft volksliedhafte Ton dieser und späterer Gedichte, die unter anderem in Robert Schumanns "Dichterliebe" vertont wurden, traf den Nerv nicht nur seiner Zeit. Verse wie "Im wunderschönen Monat Mai" oder "Ein Junge liebt ein Mädchen" bringen bei LeserInnen des 21. Jahrhunderts die gleiche Saite zum Schwingen wie bei den Zeitgenossen Heines. Der Berliner Sänger Lars Grünwoldt (Bariton) singt Vertonungen von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Franz Schubert, Johannes Brahms, Clara und Robert Schumann und wird dabei von der österreichischen Pianistin Stephanie Hoernes begleitet.
Kartenreservierung unter Tel. 030 - 25993 507/ -444
Wann: Mittwoch, 2. November um 19.30 Uhr
Wo: Altbau 2. OG, Konzertsaal
Eintritt: 8,- Euro, erm. 6,- Euro
60 Jahre nach den Nürnberger Prozessen
Ein Zeitzeugengespräch mit Ernest W. Michel (in englischer Sprache)
Im November 2005 jähren sich die Nürnberger Prozesse zum 60. Mal. Als Überlebender von Auschwitz, Birkenau und Buchenwald wurde Ernest W. Michel 1945 von der ersten freien Nachrichtenagentur Deutschlands (DANA) gebeten, als Sonderberichterstatter die Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg zu beobachten. Während des Prozesses traf er in einer der Gefängniszellen auf den Angeklagten Hermann Göring - eine Begegnung, die er niemals vergessen wird.
Kartenreservierungen unter Tel. 030 - 25 993 489
Wann: Dienstag, 22. November um 20 Uhr
Wo: Altbau 1. OG, Bildungsraum
Eintritt: 3,- Euro, erm. 1,50 Euro
Der ewige Antisemit. Über Sinn und Funktion eines beständigen Gefühls
Buchpräsentation mit dem Autor Henryk M. Broder
Henryk M. Broders Buch "Der ewige Antisemit. Ãœber Sinn und Funktion eines
beständigen Gefühls" sorgte in den 80er für heftige Kontroversen. Es beschrieb nicht den klassischen Antisemitismus der Rechten, sondern den Antizionismus im linken und fortschrittlichen Milieu. Heute, fast zwanzig Jahre später, haben Antisemitismus und Antizionismus nichts von ihrer Virulenz verloren, im Gegenteil, sie haben sich von den Rändern der Gesellschaft zur Mitte hin verlagert. Was als "neuer Antisemitismus" bezeichnet wird, ist nur eine Spielart des altbekannten Ressentiments, das sich als immun gegen jede Form der Aufklärung erwiesen
hat. In der nun erschienenen Neuauflage hat Henryk M. Broder die Originalausgabe um ein langes Kapitel und viele Beispiele ergänzt. Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Literaturhandlung Berlin.
Kartenreservierungen nur unter Tel. 030 - 88 24 250
Wann: Montag, 28. November um 20 Uhr
Wo: Altbau 2. OG, Konzertsaal
Eintritt: 7,- Euro, erm. 5,- Euro
Czernowitz: Die Geschichte einer untergegangenen Metropole
Lesung mit Helmut Braun
Eine multikulturelle Stadt mit einem halben Dutzend Bevölkerungsgruppen war Czernowitz einst. Deutsche, Juden, Ukrainer, Rumänen und Polen waren rechtlich gleichgestellt. Geistige Vitalität und kosmopolitische Offenheit zeichneten diese Stadt, die heute in der Süd-Ukraine liegt, in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus. Man nannte sie "Klein-Wien des Ostens". Die Heimstadt Paul Celans und Rose Ausländers wurde nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend umgestaltet und geriet in Vergessenheit. Das Buch erzählt von der bewegten Vergangenheit und schwierigen Gegenwart dieser Stadt, die seit der "Orangenen Revolution" ihre kulturellen Wurzeln wieder entdeckt und einen Weg nach Westeuropa sucht. Helmut Braun, Verleger, Autor und ausgewiesener Kenner der Literaturstadt Czernowitz, stellt den Band (Ch. Links Verlag) vor. Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Literaturhandlung und dem Ch. Links Verlag.
Kartenreservierungen nur unter Tel. 030 - 88 24 250
Wann: Montag, 5. Dezember um 20 Uhr
Wo: Altbau 2. OG, Konzertsaal
Eintritt: 7,-Euro, erm. 5,- Euro
Stiftung Jüdisches Museum Berlin
Lindenstr.9-14
10969 Berlin
Internet: www.jmberlin.de